Seit Janosch wissen Kinder, dass Panama so einer ist. Für viele Deutsche, Iren und Polen war es jahrzehntelang Amerika. Heute scheint Europa der Sehnsuchtsort für Afrikaner zu sein. In den Bildern der Nachrichtensendungen schaukeln grotesk überladene Nussschalen in den Stürmen des Mittelmeers vor Lampedusa. Menschenmassen überwinden haushohe Grenzanlagen in spanischen Enklaven in Nordafrika. Die, die es geschafft haben, schreien ihre Begeisterung jubelnd in die Kameras.

Stimmt also die Vorstellung von Millionen Afrikanern, die gerade auf dem Wege sind, ihren Sehnsuchtsort Europa zu „überschwemmen“? Ein Bild, das gerade xenophobe, fremdenfeindliche Gruppierungen und Personen im Vorfeld der Europawahlen zu zeichnen suchen?

Was bei uns Unbehagen schafft, sind Menschen, die zu Tortendiagrammen in Powerpoint-Präsentationen werden. Uns ist der Blick auf konkrete Lebensplanungen wichtiger. Und deswegen wollen wir lieber unsere eigenen Erfahrungen dagegen stellen:

Seit zwei Jahren besuchen wir regelmäßig „unsere“ Nomaden in Nordkenia. Lekuren, einer unserer Protagonisten, hat während des letzten Besuches geheiratet.

Frühmorgens am Hochzeitstag macht sich Lekuren – zusammen mit seinem „best men“ – auf den Weg zum Dorf seiner Braut.

Mittags zeigen die jungen Krieger ihre traditionellen Sprünge.

Abends tanzen die  Krieger mit jungen Frauen zusammen.

Bei der Hochzeit hatten wir Gelegenheit, seinen Vater näher kennen zu lernen. Lekurens Vater war Arbeitsmigrant in Nairobi. Er hat dort als Nachtwächter gearbeitet. Über Jahre hat er seinen Verdienst gespart, ist dann zurück nach Laisamis gefahren und hat sich von dem Ersparten Tiere für seine Herde gekauft. Heute lebt er als „Elder“ ruhig und entspannt. Lekuren selber denkt noch nicht einmal daran, nach Nairobi zu gehen, geschweige denn nach Europa.

Zwei unterschiedliche Lebensentwürfe in einer Familie, die beide ohne Europa auskommen. Vorraussetzung ist aber, dass man in seiner Heimat ein auskömmliches Leben führen kann …

Uli Schwarz und Petra Dilthey